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"Sag auch im Fussball...."

24.06.2008, 06:45

QUELLE.: www.sge4ever.de

"Sag' auch im Fußball niemals nie"
von René - Gestern um 14:56:10

In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Rundschau stellt sich Friedhelm Funkel den Fragen von Ingo Durstewitz zu den in der EM gespielten Systemen.

Frankfurter Rundschau: Herr Funkel, können wir uns ein bisschen über die EM unterhalten?
Friedhelm Funkel: Ich weiß doch jetzt schon, auf was sie hinaus wollen (lacht lauthals).

Frankfurter Rundschau: Soso. Auf was denn?
Friedhelm Funkel: Na, bestimmt auf das Lieblingsthema der Frankfurter Rundschau: ein oder zwei Stürmer.

Frankfurter Rundschau: Volltreffer. Sie sind ja ein glühender Verfechter des Systems, das jetzt, während der EM, als topmoderne Neuerung gefeiert wird. Die 4-2-3-1-Taktik scheint das Nonplusultra zu sein.
Meldung weiterlesen:
Friedhelm Funkel: Und jetzt spielt sogar Jogi Löw so.

Frankfurter Rundschau: Ja eben. Fühlen Sie sich bestätigt?
Friedhelm Funkel: Ach was. Es ist ja nur so, dass Jogi immer gesagt hat, er weicht nicht von seiner Linie ab, dass er nie vom 4-4-2 abrücken wird. Das zeigt jetzt nur, dass man auch im Fußball niemals nie sagen sollte.

Frankfurter Rundschau: Was zeigt es noch?
Friedhelm Funkel: Wie wenig aufmerksam manche Journalisten den Fußball verfolgen.

Frankfurter Rundschau: Wieso?
Friedhelm Funkel: Weil viele Vereine in der Bundesliga schon lange so spielen, weil viele Nationen schon lange so spielen. Das ist doch keine Revolution, das ist keine Rebellion. Das ist nichts Neues. Es zeigt, dass man mit diesem System erfolgreich Fußball spielen und Tore machen kann. Gerade dieses System wurde mir in Frankfurt ja oft vorgehalten. Dabei predige ich seit Jahr und Tag: Entscheidend ist nicht, wie viele nominelle Spitzen man auf dem Feld hat. Egal, ob eine, zwei, drei oder vier - entscheidend ist, wie die Spieler dieses System umsetzen, wie sie es interpretieren. Entscheidend ist, wie die Mittelfeldspieler nachrücken, mit welcher Entschlossenheit sie nachrücken. Das Tor von Bastian Schweinsteiger ist da das Paradebeispiel, das wollte er mit aller Macht, da ist er mit vollem Tempo eingerückt. So muss es sein. Ein Tor wie dieses von Schweinsteiger hätte ein Albert Streit bei uns niemals erzielt, ein Martin Fenin hingegen sehr wohl. Was ich damit sagen will, ist: Die nachrückenden Spieler müssen bereit sein, weit Wege zu gehen und auch spekulativ mitzulaufen - dann ist dieses System brandgefährlich.

Frankfurter Rundschau: Warum wird es dann jetzt bei diesem Turnier fast schon als Revolution gefeiert?
Friedhelm Funkel: Das weiß ich nicht, das ist für mich nicht nachvollziehbar. Schon bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren haben fast alle Mannschaften so gespielt.

Frankfurter Rundschau: Aber selbst die Niederländer...
Friedhelm Funkel: Ach, hören sie doch auf. Wenn ich jetzt lesen muss, dass es da eine Systemdiskussion gab, da kann ich nur lachen. Die Holländer spielen schon seit Jahrzehnten so, die waren die allerersten. Und sie spielen heute immer noch so. Das wurde früher bei ihnen halt nur immer als drei Spitzen ausgelegt. Diese Diskussion führe ich doch in Frankfurt, seit ich hier anfing: Ich sage drei Spitzen, die Journaille sagt eine Spitze. Man kann es drehen und wenden, wie man will. Es ist eine Sache der Auslegung.

Frankfurter Rundschau: Aber Fakt ist: Auch die niederländischen Flügelstürmer mussten nach hinten arbeiten.
Friedhelm Funkel: Ja, klar, das ist heutzutage so. Die Außenstürmer können die Außenverteidiger viel früher stören, das Aufbauspiel direkt unterbinden, ob sie es jetzt an deren Strafraum machen oder an der Mittellinie. Der Trend geht zumindest bei diesem Turnier dahin, dass sich alle Mannschaften sehr weit zurückziehen und erst an der Mittellinie angreifen. Mit Pressing hat das nicht mehr viel zu tun.

Frankfurter Rundschau: Das Spiel bei diesem Turnier, heißt es, sei das schnellste überhaupt.
Friedhelm Funkel: Auch das glaube ich nicht. Früher ist halt nur nicht alles gemessen worden. Jetzt heißt es: ,Oh, Wahnsinn, der Spieler ist drei Zehntel schneller als der andere. Und der Ball wird zwei Zehntel früher abgespielt.' Sehen Sie sich die Russen an, da geht die Post ab, das sind Raketen. Da brauche ich keine Computerauswertung.

Frankfurter Rundschau: Ist das 4-4-2, wie es jetzt heißt, statischer?
Friedhelm Funkel: Nein, das würde ich nicht sagen. Es gibt auch gute Gründe, so zu spielen. Man hat mehr Wucht nach vorne und mehr Anspielstationen in der Spitze. Gegen die Türkei würde ich auf jeden Fall mit zwei Spitzen spielen. Die haben nicht so gute Innenverteidiger, und die wäre dann gegen zwei Stürmer immer beschäftigt und unter Druck.

Frankfurter Rundschau: Was sind die Vorteile des 4-2-3-1-Systems?
Friedhelm Funkel: Man steht sehr viel kompakter und sicherer, man muss nicht so viel verschieben, man kann den Gegner auf sich zukommen lassen. Und wenn man offensive Außen hat, die entschlossen nach Innen rücken und auch torgefährlich sind, ist das ein sehr gutes System. Man kann das Mittelfeld dahinter aber auch anders gestalten. Wir haben ja oft so gespielt, dass wir in der Zentrale die beiden Spieler, bei uns Köhler und Fink, weiter nach vorne vor die einzige Sechs geschoben habe. Wenn der Jogi das machen würde, würde es wahrscheinlich auch als Revolution gefeiert. Aber bei der Nationalmannschaft hat halt alles einen anderen Stellenwert. Da sind ja auch Trainingsmethoden als völlig neu und wegweisend bezeichnet worden, die bei uns in der Bundesliga schon lange vorher umgesetzt wurden. Aber das ist auch nicht schlimm, die Nationalelf ist nun mal das Aushängeschild, und das ist gut so.

Interview: Ingo Durstewitz

24.06.2008, 06:45

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